GVF
Gesellschaft für angewandte Vitaminforschung e.V.

Stellungnahmen

Stellungnahme der GVF zu PUFAs

Bewertung der Risiken und Nutzen der Aufnahme von omega-3-Fettsäuren auf Mortalität, kardiovaskuläre Erkrankungen und Krebs
Hooper, L; Thompson, RL; Harrison RA; Summerbell, CD; Ness AR; Moore HJ; Worthington, HV; Durrington, PN; Higgins, JPT; Capps, NE; Riemersma, RA; Ebrahim, SBJ; Smith, GD
BMJ, 2006, 332: 752-760
(April 2006)

Hintergrund:

Um den Einfluss von omega-3-Fettsäuren (langkettig und kurzkettig) auf Mortalität, kardiovaskuläre Erkrankungen, Krebs und Schlaganfall zu untersuchen, wurden elektronische Datenquellen auf geeignete Studien hin durchsucht. Zusätzlich wurde Kontakt mit den Autoren aufgenommen und gegebenenfalls nicht-englische Artikel übersetzt.

Methoden:

Es wurden nur randomisierte klinische Studien (insgesamt 48) berücksichtigt, die an 36913 Erwachsenen durchgeführt wurden und bei denen die Aufnahme von omega-3-Fettsäuren mindestens 6 Monate dauerte. Zusätzlich mussten für diese randomisierten klini-schen Studien Daten über koronare Herzerkrankungen, Krebs, Schlaganfall und Mortalität verfügbar sein. Kohortenstudien (insgesamt 41) wurden einbezogen, wenn eine omega-3-Intervention stattgefunden hatte und die Follow-up-Zeit mindestens 6 Monate betrug. Die Anwendung von Auswahlkriterien, Datenerhebung und Qualitätsbewertung wurden unabhängig voneinander zweifach untersucht.

Ergebnisse:

Die Ergebnisse aller Studien waren uneinheitlich und auch die Vereinigung der Resultate lieferte keine Hinweise auf eine Risikoverminderung der Mortalität (relatives Risiko = 0,87; 95% CI: 0,73-1,03) oder koronarer Herzerkrankungen (RR = 0,95; 95% CI: 0,82 – 1,12). Auch die alleinige Berücksichtigung von Studien mit einem geringen Bias führte zu keiner eindeutigen Risikoverminderung für Mortalität oder koronare Herzerkrankungen. Auch nach Unterscheidung in lang- und kurzkettige omega-3-Fettsäuren konnte kein Einfluss dieser festgestellt werden. Des Weiteren war kein Einfluss von omega-3-Fettsäuren auf die Krebsentstehung oder Schlaganfall erkennbar. Auch Quelle und Dosis der omega-3-Fettsäuren hatten keinen Einfluss auf die Ergebnisse.

Zusammenfassung:

Es konnten keine Unterschiede in der Wirkung lang- und kurzkettiger omega-3-Fettsäuren auf Mortalität, koronare Herzerkrankungen, Krebs oder Schlaganfall fest-gestellt werden – die Wirkung von omega-3-Fettsäuren auf die Gesamtmortalität (kardiovasku-läre Erkrankungen, Krebs) bleibt unklar.

GVF Kommentar

  • Wenn omega-3-PUFA (polyunsatturated fatty acid = mehrfach ungesättigte Fettsäuren) einen Einfluss auf kardiovaskuläre Erkrankungen haben, sollten sie die Mortalität dieser vermindern. Da die meisten Studien zu diesem Thema zu klein angelegt sind, um einen signifikanten Effekt zu beobachten, scheint es sinnvoll auf sogenannte Meta-Analysen zurückzugreifen. H. Bucher et al.1 konnte mit Hilfe dieses statistischen Werkzeugs einen positiven Effekt von omega-3-PUFAs auf kardiovaskuläre Erkrankungen beschreiben.

  • Die Autoren des oben zitierten Artikels schlussfolgerten, dass langkettige und kurzkettige omega-3-PUFAs keinen eindeutigen Effekt auf die Mortalität kombinierter kardiovaskulärer Erkrankungen oder Krebs haben. Sie schlossen jedoch einen bedeutenden Einfluss von omega-3-Fettsäuren auf die Gesamtmortalität nicht aus. Daher sollte an der Empfehlung mehr Fisch/ Fischöl zu verzehren festgehalten werden.

  • Schlossen die Autoren jedoch die Ergebnisse der DART 2-Studie von Burr et al.2 aus, erhiel-ten sie die gleichen positiven Ergebnisse wie Bucher in seiner Meta-Analyse, in der ebenfalls die DART 2-Ergebnisse (risk of death RR=0,83; 95% CI: 0,75 – 0,91) nicht enthalten waren, wodurch ein signifikanter Nutzen der omega-3-PUFA deutlich wird.

    • An der randomisierten, kontrollierten („factorial“) Studie von Burr nahmen 3114 Männer unter 70 Jahren teil, die alle an einer Angina pectoris erkrankt waren. Die Mortalität wurde nach drei bis neun Jahren ermittelt. Die Probanden wurden randomisiert den folgenden vier Gruppen zugeteilt:

      • Gruppe 1 wurde angehalten, zweimal pro Woche Fisch zu essen oder täglich drei Fischölkapseln (Maxepa, 540 mg EPA plus 360 mg DHA) einzunehmen,
      • Gruppe 2 wurde angehalten, mehr Obst, Gemüse und Getreideprodukte zu essen,
      • Gruppe 3 sollte die Ernährungsempfehlungen von Gruppe 1 und 2 kombinieren,
      • Gruppe 4 erhielt keine spezifischen Ernährungsempfehlungen.
  • Die Gesamtmortalität (gleich welcher Ursache) wurde durch keine der gegebenen Ernährungsempfehlungen vermindert. Die Probanden, die mehr Fischöl – v. a. Fischölsupplemente – aufgenommen haben, wiesen ein erhöhtes Risiko für einen Herztod auf. Die Ergebnisse blieben unerklärt.

  • Die hier präsentierte Evaluierung vereint die Ergebnisse mehrerer Studien – u.a. auch der DART-2-Studie mit ihren unerwarteten Beobachtungen eines erhöhten Risikos für die Fisch- bzw. Fischölsupplementkonsumenten. Da es keine eindeutige Erklärung, sondern nur verschiedene Spekulationen für diese Ergebnisse gibt, muss jeder Versuch, diese Studie mit anderen zu kombinieren, fehlschlagen und widersprüchliche Ergebnisse bezüglich der Nützlichkeit von omega-3-PUFAs liefern.

  • [Auf Grund der hohen Probandenzahlen und des langen Beobachtungszeitraums wiegt die DART 2-Studie schwer in allen (Meta) Analysen]

  • Berücksichtigt man die Ergebnisse dieser speziellen Studie nicht, werden die Ergebnisse zu Gunsten der omega-3-PUFAs verschoben und zeigen die erwartete Verminderung des Risikos kardiovaskulärer Erkrankungen durch omega-3-PUFAs.

  • Daher sollte an der offiziellen, immer noch gültigen Empfehlung, die Aufnahme langkettiger omega-3-PUFAs zu erhöhen, festgehalten werden. Die goldene Regel entspricht der ISSFAL-Empfehlung (International Society for the Study of Fatty Acids and Lipids) von 500 mg E-PA/DHA pro Tag3.

Referenzen

  • Bucher-Heiner-C, Hengstler-Peter, Schindler-Christian, Meier-Gabriela. N-3 polyunsaturated fatty acids in coronary heart disease: a meta-analysis of randomized controlled trials.
    Am J Med 2002; 112: 298-304

  • 2 M L Burr, P A L Ashfield-Watt, F D J Dunstan, A M Fehily, P Breay, T Ashton, P C Zotos, N A A Haboubi & P C Elwood. Lack of benefit of dietary advice to men with angina: results of a con-trolled trial.
    Eur J Clin Nutr 2003; 57, 193-200

  • 3 www.issfal.org.uk/pdfs/PUFAIntakeReccomdFinalReport.pdf